4. Mai 2014. Mein Wecker läutet morgens um halb fünf. An einem Sonntag kann das nur zwei Gründe haben. Entweder habe ich eine Bergtour geplant die diese unchristliche Zeit erfordert so früh aufzustehen, oder ich muss zum Flughafen. Heute war zweiteres der Grund. Ich habe eine Erkundungstour nach Korsika geplant. Im Vorfeld habe ich bereits alles organisiert: die Flüge von Innsbruck via Frankfurt nach Bastia, einen Mietwagen für eine Woche, den entsprechenden Reiseverlauf mit gut ein Duzend Terminen mit lokalen Partnern und jede Menge Unterlagen die ich studiert habe. Darunter Reiseführer, Kartenmaterial, schriftliche Notizen von “alten” Korsika-Kennern, Empfehlungen aus Blogs, GPS-Daten und einiges mehr. Soweit so gut.
Angekommen am Innsbrucker Flughafen verläuft alles nach Plan. Check-in, Sicherheitskontrolle und Kaffee am Gate mit Freunden die ich zufällig getroffen habe. Dann weiter im Programm – Boarding, Sitzgurt anschnallen und wieder aussteigen. Wieder aussteigen? Ja und das bereits noch in Innsbruck. Technisches Problem am linken Propeller lass ich mir sagen. Wundern Sie sich nicht, die ehemalige Tyrolean Airways, später Austrian Airlines und jetzt Lufthansa fliegt in der Regel mit einer Dash 8-400 Propeller Maschine nach Frankfurt. Also, alle wieder raus aus dem Flieger und warten am Gate bis es weiter geht. Eine gute halbe Stunde später gibt es erneut das Kommando zum Einsteigen. Der Rest läuft dann kurzzeitig nach Plan und ich komme um 08:30 Uhr in Frankfurt an. Die Maschine weiter nach Bastia sollte um 08:50 Uhr starten und ich hoffe direkt am Flugzeug in Empfang genommen zu werden um auf schnellstmöglichen Weg zum Anschlussflug zu gelangen. Doch leider Fehlanzeige. Entsprechend unter Zeitdruck haste ich aus dem Flieger und renne zum Gate. Doch der Flug LH1092 ist schon weg. Schöne Schei..!
Die freundliche Dame am Gate sieht mich mitleidend an und verweist mich an den Lufthansa Service Schalter. Irgendwo zwischen Duty Free und Raucher Lounge soll dieser wohl sein. Die Kollegen dort helfen mir gerne weiter. Gut denke ich mir und marschiere großen Schrittes zum Service Schalter und ziehe um Punkt 9 Uhr mein Service Ticket mit der Nummer A03091. Ich setze mich und staune nicht schlecht als ich die vielen Schalter sehe an denen einem angeblich geholfen wird. Heute wird einem allerdings nur bedingt schnell geholfen, der ein oder andere leuchtet zwar, aber eine freundliche Lufthansa Dame findet man nur an dreien. Naja, reisen erfordert eben Geduld denke ich mir und 40 Minuten später, also genau um 09:40 Uhr darf ich dann mit meinem Anliegen vorsprechen. Ich gebe der Dame meine Flugnummer und erkläre ihr ganz entspannt wie es zur Verspätung kam und dass ich den Flieger nach Bastia leider verpasst hätte. Zeitgleich prüft Sie meine Aussage im System und sieht mich nach kurzer Zeit zufrieden an und erklärt mir dass man mich bereits umgebucht hätte. Alle Sorgen fallen von mir ab, doch plötzlich verhärtet sich ihr freundliches Lächeln. Wieso nur denke ich mir. Und die Lösung kommt sogleich als mir die Servicemitarbeiterin mitteilt dass mein Ersatzflug vor fünf Minuten gestartet ist. Also genau während der Zeit als ich apathisch auf den Screen starrte und geschlagene 40 Minuten auf meine Nummer A03091 wartete. Ich sehe sie fassungslos an, zwinge mich aber zur Ruhe. Die freundliche Dame kann ja auch nichts für die Mitarbeiterplanung.
Und nun? Sofort beginnt die Dame weiter auf Ihre Tastatur einzuhacken, stoppt kurz und schüttelt dann den Kopf und beginnt den Prozess von neuem. Tippen, stoppen, Kopf schütteln. Tippen, stoppen, Kopf schütteln. Nach weiteren 10 schweigsamen Minuten blickt sie dann auf und verkündet dass die nächste Maschine nach Bastia erst in sechs Tagen abhebt. Sofort habe ich den am Flughafen vegetierenden Tom Hanks im Film Terminal vor Augen. Oh Gott! Etwaige von mir vorgeschlagenen Alternativflughäfen wie Calvi und Ajaccio funktionieren auch nicht. Für heute könne man mir anbieten entweder mit mindestens dreimal umsteigen nach Bastia zu fliegen oder eine Maschine nach Nizza und von dort die Fähre nach Korsika. Beide Varianten dauern ab diesem Zeitpunkt rund 21 Stunden. Entgeistert sehe ich die Dame an. “Und sonst wirklich gar nichts” frage ich. “Nein.” Ich entschließe mich nun ganz anders und will zurück nach Innsbruck da beide Möglichkeiten meinen Zeitplan und die Ausarbeitung auf Korsika hinfällig machen.
Verstehen Sie mich nicht falsch liebe ASI-Blogleser. Ich kann Umwegen zum Ziel durchaus etwas abgewinnen, auch mit Verspätungen kann ich leben und Fähren mag ich sowieso. Aber innerhalb von Europa und dann noch eine solch kurze Distanz per Flugzeug in Summe in mehr als 24 Stunden zurückzulegen ist doch bitte mehr als absurd. Insbesondere eine Dienstreise die minutiös geplant ist, weil alles en Detail erwandert und erkundet werden muss ist so nicht umsetzbar. Die Verspätung von einem Tag und die fehlende Möglichkeit auf Korsika zu verlängern würde mich dazu zwingen Abstriche während der Ausarbeitung zu machen. Und das will ich nicht. Dafür ist die Zeit zu schade und die Qualität zu wichtig.
Und was meint die Lufthansa dazu? Laut Auskunft der freundlichen Damen am sogenannten Service Schalter können Sie mich nach Innsbruck zurück buchen, jedoch verfallen meine Ansprüche auf die zwei nicht genutzten Strecken Frankfurt – Bastia und zurück. Und das nur weil ich nicht den Spaß befreiten Pilgerweg des Fliegens auf mich nehmen kann und will. Wobei auch sicher dieser der Demut ganz gut tun würde. Insgeheim ist das vielleicht sogar ein Management Ziel des Lufthansa Konzerns: Demütige und Markenehrfürchtige Kunden die jegliche Art der Umbuchung und des Umroutens aufgrund von technische Fehlern (bei LH auch gerne höhere Gewalt genannt) oder Verspätungen (auch die am Service Schalter) akzeptieren.
Während des Wartens auf meinen Rückflug nach Innsbruck fiel mir ein Interview mit Lufthansa CEO Christoph Franz ein welches ich eine Woche vorher auf der Website einer touristischen Fachzeitschrift gelesen habe. In dieser mokiert sich Franz über die dynamischen Airlines aus Nahost und die rechtlichen Nachteile wie u.a. Nachtflugverbot welche dem Konzern in den Weg gelegt werden. Am Ende des Tages mag das auch alles richtig sein, doch ist das auch der Grund dafür dass alle Nahost Airlines hinsichtlich Flugerlebnis, Komfort und Kundenorientierung den Deutschen davon ziehen? Und warum wird man als mittelständischer Spezialreiseveranstalter bei einer Airline wie Lufthansa als Bittsteller gesehen während fast alle anderen Airlines enge und lösungsorientierte Partnerschaften mit diesen pflegen? User-Kommentare zum Artikel untermauern den zunehmenden Frust der Touristiker mit der Lufthansa und zeigen aber gleichzeitig das Ende der alternativlosen Kranich-Buchung.
Um 14 Uhr komme ich unverrichteter Dinge aber mit zwei Erkenntnissen wieder in Innsbruck an:
- Mit Lufthansa fliegen ist wäscheschonend. Trotz großer Reisetasche kann alles 1 zu 1 wieder in meinem Kasten verstaut werden.
- Wo es uns zukünftig möglich ist von der Lufthansa weg und hin zu kundenorientierten Airlines zu steuern werden wir das tun. Zum Wohl unserer Gäste versteht sich.
Schönen Sonntag!